Wo: Tromsö – Norwegen Seit Jahren spukt mir der Gedanke im Kopf herum, einmal Polarlicht live zu sehen. Das war bei drei meiner Freunde genauso. Da wir alle weit nördlich in Deutschland wohnen, haben wir erst einmal versucht, in unseren Heimatorten einen Hauch von Polarlicht zu finden. Nachdem jeder von uns ein paar Mal erfolglos nachts den stockdunklen Himmel beobachtet hatte, haben wir festgestellt, dass die begehrten grünen wabernden Schleier wohl nicht einmal in Flensburg ausreichend hell leuchten. Einziger Ausweg: Ein Ausflug Richtung Norden, aber deutlich nördlich des Polarkreises sollte es schon sein. Unsere Wahl fiel schnell auf das gut mit dem Flugzeug zu erreichende Tromsö. Ein Blockhaus in einem Sommerurlaubsgebiet in Skarsfjord sollte für unser Vorhaben ausreichend weit von jeder Lichtverschmutzung entfernt sein. Mitten in der Nacht geht es in Hamburg los. Nach einem kurzen Stopp in Kopenhagen und einem weiteren sechsstündigen Zwischenstopp in Oslo geht es weiter nach Tromsö. Als wir dort ankommen, ist es schon wieder Nacht. Unser Vermieter hat mir bei einem unserer Telefonate netterweise angeboten, uns vom Flughafen in Tromsö abzuholen und zum Blockhaus zu bringen. Bei unserer Ankunft bedanke ich mich als erstes für den Bringservice des Vermieters. Der entgegnet nur lächelnd: „Das Blockhaus findet ihr ohne mich sowieso nicht und ich drücke euch die Daumen, dass euer Mietwagen es bis dahin schafft. Die Straße war bis heute Mittag wegen der Wetterlage gesperrt“. Das kann ja heiter werden. Ich war schon stolz auf mich, dass ich auf Spikereifen beim Mietwagen geachtet hatte. Das reicht in Tromsö im Winter offensichtlich nur für den Stadtverkehr. Hinter dem Ortsschild von Tromsö wird uns klar, was unser Vermieter damit meint: Wenn kein Schnee auf der Straße liegt, fahren wir auf einer durchgehenden Eisschicht und bei Schneeverwehungen brauchen wir manchmal etwas Anlauf. Nach einer endlosen Tour durch die Finsternis mit norwegischem Schneegestöber kommen wir an unserer Unterkunft an. Ohne Hilfe hätten wir dieses einsame Blockhaus in der Dunkelheit wirklich nicht gefunden. Als uns unser Vermieter zum Abschied fragt, was für Pläne wir haben, erzählen wir von unserer Polarlichtsuche. Seine Antwort desillusioniert uns etwas. Die Saison sei seit drei Wochen vorbei und wir müssten schon viel Glück haben, wenn wir in unserem dreitägigen Urlaub Polarlicht zu sehen bekämen. Dass er sich da gewaltig irrt (oder wir viel Glück haben), merken wir schon ein paar Minuten später beim Auspacken. Langsam zieht ein grün leuchtender Schleier über den Fjord. Unsere erste Aurora! Fasziniert beobachten wir die tanzenden Schleier, bis sie langsam im Süden verschwinden. Danach kramen wir hektisch unsere Fotoapparate aus den Taschen, uns hat das Jagdfieber gepackt. Wir merken aber schnell, dass der Winter in Norwegen seinen Namen verdient. Es ist wirklich saukalt. Bei unserem nächsten Versuch ziehen wir uns dick an und halten es dann auch fast zwei Stunden draußen aus. Am nächsten Morgen finden wir die Mountainbikes unseres Vermieters, die werden uns bei der Schneehöhe am Skarsfjord aber wenig nützen. Zum Glück finden wir ausreichend Schneeschuhe im Haus. Die sind zwar etwas gewöhnungsbedürftig, verhindern aber, dass wir bei jedem Schritt knietief im Schnee versinken. Wir drehen eine ausgiebige Runde durch unser Ferienhausgebiet. Ein paar Blockhütten liegen verstreut am Ufer des Skarsfjord, das ist in mehreren Kilometern Umkreis alles. Wir stellen fest, dass wir wirklich die einzigen Bewohner sind. Außer einem Rentier begegnet uns kein Lebewesen. Selbst das ist überrascht, Menschen zu sehen und beobachtet uns erst einmal eine Weile ungläubig, bevor es gemächlich auf der Straße weitertrottet. Abends sind wir überrascht, dass in vielen Häusern Licht brennt, obwohl niemand dort wohnt. Strom scheint in Norwegen nichts zu kosten. Zum Glück sind die Abstände zwischen den Häusern so groß, dass uns das Licht nicht auf der Aurora-borealis-Pirsch stört. Wir schlagen uns wieder mit Stativ und Kamera bewaffnet die Nacht um die Ohren. Immer wenn die Finger zu steif oder die Füße zu kalt werden, wärmen wir uns vor dem ständig knisternd brennenden Kamin oder in der Sauna auf. Lange halten wir es aber meistens nicht im Warmen auf, Polarlicht macht süchtig. Tagsüber beobachten wir noch Orcas und Grindwale, obwohl es auch dafür eigentlich zu spät ist. Wir haben anscheinend eine durchgehende Glückssträhne. Das ist aber eine andere Geschichte. Viel zu schnell gehen unsere vier Tage Tromsö vorbei. Wir hatten ein wenig darauf gehofft einzuschneien, um so eine Ausrede für eine Verlängerung zu haben. Damit haben wir aber ausnahmsweise kein Glück. Ist aber nicht so schlimm, wir wollen ja auch einen Grund haben, noch einmal wiederzukommen. Text und Fotos: Boris Kohnke |
Die richtige Kleidung nördlich des Polarkreises
Ich gebe zu, ich mag den Winter nicht und habe vor unserem Tromsö-Ausflug keine wirklich wintertaugliche Kleidung gehabt. Um nicht ständig zu frieren, standen auf meinem Einkaufsplan ein paar Schneestiefel, eine Thermohose, eine dicke Jacke und ein paar warme Handschuhe, mit denen ich die Kamera bedienen kann. Die Schneestiefel und eine Thermohose, die ich über die Jeans ziehen kann, habe ich für ein paar Euro bei ASMC, einem Onlineshop, der auf Militärausrüstung spezialisiert ist, gefunden. Die Sachen waren sehr günstig, schön warm, aber nicht wirklich schick. Das Aussehen ist perfekt für die Einsamkeit Norwegens, aber nicht geeignet für einen kalten Winter in Hamburg. |
Hallo Boris,
interessante Aktion. Super, dass ihr Glück gehabt und die Polarlichter gesehen habt. Ich hab auch schon oft über ein solches „Projekt“ nachgedacht, es bisher aber noch nicht realisiert. Mal schauen, vielleicht klappt es ja noch?
Gruß
Stefan
Es lohnt sich auf jeden Fall. Wir hatten aber wirklich ausgeprochenes Glück: Polarlicht und Whalewatching in drei Tagen im Januar hat man wohl nicht so oft in Tromsö.