Wo: Quickborn/Deutschland Seit gut einem Jahr ist unser Reiseradius etwas eingeschränkt. Corona und Reisen sind ganz offensichtlich zwei Dinge, die nicht wirklich gut zusammenpassen. Ich könnte jetzt in die selbe Kerbe hauen, die viele andere gerade bedienen und mich über die Einschränkungen durch Corona beklagen, halte aber mehr davon mich auf die positiven Aspekte der Reiseeinschränkungen zu fokussieren. Auch ohne hunderte Kilometer mit dem Auto oder Flugzeug zürückzulegen, gibt es noch viel Neues zu entdecken. Probiert es doch selbst einmal aus: Zieht einen Kreis mit einem 30-Kilometer-Radius um euren Wohnort und überlegt, was für euch in diesem Radius noch ein weißer Fleck auf eurer persönlichen Landkarte ist. Wahrscheinlich findet ihr noch den einen oder anderen Ort in Fahrrradeichweite, den ihr noch nicht ausreichend erkundet habt. Wir haben gut 10 Kilometer von unserem Zuhause entfernt einen unserer neuen Ausflugsorte entdeckt, das Himmelmoor. Stammlesern könnte es aufgefallen sein, dass ich über das Himmelmoor mit seinen Wollgraswiesen schon einmal etwas auf Spinagel geschrieben habe. Stimmt, aber dieses Mal haben wir uns aus der anderen Richtung angeschlichen. Statt vom trubeligen Hauptparkplatz am alten Torfwerk, sind wir heute aus Richtung Hemdingen zum Himmelmoor gewandert. Anfangs geht es durch einen Laubwald, in dem die Buchen Ende April nur so vor Kraft strotzen und ihr frisches hellgrün mit ungeahnter Power aus ihren Knospen drücken. Am Ende des Waldes geht es über die Bilsbek, einem kleinen Flüßchen, das die Grenzen zum Himmelmoor markiert. Man bemerkt den Anfang des Moores sofort, ab jetzt hat der Boden eine Eigendynamik und federt unter jedem Fußtritt. Moorlandschaften haben immer etwas unerklärliches an sich. Mit dem fast weißen trockenen Gras und den blendend weiß und schwarz gemusterten Birkenstämmen fühlen wir uns fast, wie auf einem andern Planenten. Nach einiger Zeit grinst uns sogar ein freundlicher Baummensch aus einem kleinen Baum an. Oder ist es ein Moorvampir? Wir wissen es nicht so genau. Aber da sind wir schon wieder ein paar hundert Meter im für die Naherholung erschlossenen Teil des Himmelmoores. Noch ein kurzer Abstecher über den Bohlenweg des Moorlehrpfades und wir machen uns wieder auf den Rückweg. Nicht etwas, weil wir genug von der Natur des Himmelmoores haben, es hat nur inzwischen angefangen ordentlich zu regnen. De Rest des Weges machen wir, wenn die Sonne etwas stabiler scheint. Versprochen! Auch nach über 20 Jahren ist es uns gelungen etwas Neues in unserer nächsten Umgebung zu finden. Manchmal haben Einschränungen eben auch ungeahnte positive Aspekte. Danke an die Pandemiebeschränkungen für den kleinen Schubs in diese Richtung. Ein paar Tage später sind wir wieder im Himmelmoor leider hat uns das Wetter etwas im Stich gelassen und, denn es regnet seit Tagen. Egal, die Wollgrasblüte wartet nicht auf Sonnenschein. Dieses Mal benutzen wir den Hauptweg und starten beim alten Torfwerk. Schon nach den ersten Schritten hören wir das gleichmäßige Tuckern der Torfbahn. Wir sind also nicht die Einzigen, die hier trotz Schietwetter das Moor erkunden. Wir folgen den Gleisen der Torfbahn durch das ehemalige Torf-Abbaugebiet. Das inzwischen großflächig wiedervernäßt wurde. Einmal rechts und dann ach links und schon sind wir mitten im weißen Puschelmeer. Flauschige weiße Wollgras-Puschel soweit das Auge reicht. Das entschädigt uns sofort für das schlechte Wetter. Nach einer großen Runde durch die Wollgrasflächen fahren wir zufrieden und sattgesehen nach Hause. Nächstes Jahr kommen wir bestimt wieder.
Text und Fotos: Boris Kohnke, April 2021 |
HimmelmoorDas Himmelmoor ist mit gut 600 Hektar das größte Hochmoor in Schleswig-Holstein, in dem noch bis 2018 aktiv Torf abgebaut wurde. Inzwischen wird das Himmelmoor renaturiert und dient als Naherhohlungsgebiet. Der Förderverein Himmelmoor e. V. betreut die Pflege und Weiterentwicklung des Moores und sorgt für den Einklang von Naturschutz und Naherhohlungsnutzung. Außerdem unterhält die Arbeitsgemeinschaft Torfbahn die alte Feldbahn des ehemaligen Torfwerks und bietet regelmäßig öffentliche Fahrten mit dem historischen Equipment an. |