Wo: Deutschland, Harz Wann: August 2012 Wandern ist toll. Wenn man keine Haare mehr auf dem Kopf hat, in Rente ist und dringend etwas für seine Gesundheit tun sollte, weil man das in seinem Berufsleben irgendwie immer versäumt hat. Die Wahl der ersten Strecke hat uns die aktuelle Ausgabe des Harzkuriers abgenommen. Dort haben wir an diesem Freitag einen Artikel über ein Albino-Reh gefunden. Gab es da nicht auch einen Wanderweg der „Weißes Reh“ heißt und auf den Brocken führt? Richtig. Da können wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Auf dem Brocken, Norddeutschlands höchster Erhebung, waren wir noch nicht und durch geschickte Wegwahl können wir zwei der begehrten Stempel für die Brockenbesteigung bekommen. Der Weg erzählt an sieben Stationen in einem kurzen Märchen die Erlebnisse des kleinen Albert mit einem Albino-Reh und ist extra für Kinder ausgelobt. Das sollte dann wohl nicht so schwer werden, die Beschreibung im Internet sagt etwas von drei Stunden je Richtung. Wir sind schon größer als die Zielgruppe, das klappt auch in zwei Stunden und wir haben noch etwas Luft und können vielleicht noch einen anderen Stempel erwandern. Super Plan, dafür schaffen wir es sogar am darauf folgenden Samstag für unsere Verhältnisse früh aufzustehen und sind schon kurz vor elf am Fuße des Brockens in Schierke. Der Wanderweg entpuppt sich als steile Kraxelei über Findlinge und Baumwurzeln. Dass der Weg nicht im geringsten für Kinder geeignet ist, merken wir schnell. Diese Erkenntnis ist nicht neu, das bestätigen uns auch die beiden netten Damen an der Tal- und Berginformation. Unser Zeitplan steht, also nicht lang quaken, sondern Gas geben und Schwitzen ist angesagt. Tapfer schlagen wir uns durch den Harzer Urwald, lesen an sechs Stationen die Geschichte von Albert und dem weißen Reh, bevor wir uns mit hunderten anderer Wanderer auf dem Hochplateau des Brockens wiederfinden, um die siebente und letzte Episode der Geschichte im Brockenhaus zu lesen. Leider bekommen wir erst dort die Information, dass die letzte Station im Museumsteil ist, der, auch wenn man nur das Ende der Geschichte erfahren will, Eintritt kostet. Die Tarife sind natürlich “ortsüblich” also im Verhältnis zum Angebot eher etwas überhöht. Wir entscheiden uns die Kleinste vorzuschicken. Sie soll uns dann das Ende der Geschichte erzählen. Die Geschichte ist wirklich nett, die einzelnen Stationen sind schön gemacht, nur an den Rahmenbedingungen sollte noch ein wenig gearbeitet werden, sonst werden die Wanderwege in Zukunft weiterhin hauptsächlich Hoheitsgebiet der Rentner sein. Zwei Stempel haben wir, das Ende der Geschichte vom weißen Reh ist bei allen Mitwanderern angekommen und es ist noch lange hin bis zur Dämmerung, also ab auf die nächste Wanderung. Auf dem Weg zurück ins Tal wählen wir eine etwas kindgerechtere Alternative, nachdem wir im oberen Teil des Kindermärchenpfades einen Sturz mit blauen Flecken und diversen Schürfwunden zu verzeichnen haben. Unsere Alternative zeigte sich als wesentlich geeigneter für Kinder, vielleicht sollten die Verantwortlichen eine Anpassung des Weges an die Zielgruppe in Betracht ziehen. Leicht erledigt planen wir nach der Brockenbesteigung unsere nächste Tour, für den ersten Teil der Harzer Wandernadel wollen wir nur zwei Wandertage aufwenden. In zwei Wochen Urlaub kann das ja jeder, zwei Wochenenden sollten doch auch ausreichen. Gesagt getan, die Wanderung zu den Hahnenkleeklippen sollte laut Wanderkarte und GPS nur ca. drei Kilometer lang sein. Also ab ins Auto und Richtung Hahnenklee. Auf dem Weg kommen wir am Kaiserkrug vorbei, der ist weit über die Region bekannt für seine Riesenwindbeutel. Wir bewundern nur die überlebensgroßen Harzhexen-Puppen, die das Restaurant bewachen und uns aus ihren roten Augen oder über den Rand ihrer 80er-Jahre-Sonnenbrillen ansehen. Für Windbeutel haben wir heute keine Zeit, das Zusatzgewicht im Bauch würde uns auch nur langsamer machen und wir sind für heute ja noch nicht am Ende unseres Wanderpensums. Nach einigen Kilometern haben wir auch den Stempel Nummer 75, Hahnenkleeklippen, in unseren Wanderpässen und machen uns erschöpft aber zufrieden auf den Rückweg. Einen Stempel brauchen wir aber noch, um unser Ziel, die Harzer Wandernadel in Bronze innerhalb von zwei Tagen zu erwandern, Realität werden zu lassen. Da wir inzwischen doch schon etwas geschafft sind, suchen wir auf unseren Wanderkarten einen Weg, der möglichst wenig Höhenlinien kreuzt. Im Arboretum in Bad Grund werden wir fündig, also flugs die 30 km nach Bad Grund gefahren. Mit Höchstgeschwindigkeit vorbei an den säuberlich beschrifteten Bäumen im Bad Grunder Arboretum, direkt zur Stempelstelle an der Hütte im Arboretum. Leider gibt es drei Hütten und weder im Wanderpass noch auf dem Übersichtsplan des Arboretums wird verraten, welche der Hütten den begehrten Stempelkasten beherbergt. Wir haben Glück und finden schon an der dritten Hütte den Stempel Nr. 129. Jetzt haben wir uns die Pause redlich verdient. Pünktlich zum Sonnenuntergang sitzen wir bei unserer mitgebrachten Vesper am rustikalen Holztisch in Sichtweite des letzten Stempelkastens. Unser geplantes Pensum haben wir geschafft, aber vielleicht lassen wir es nächstes Mal doch etwas ruhiger angehen. Das ist das Ergebnis unserer Abschlussbesprechung auf dem Weg zurück. An diesem Abend fallen wir nach einem gemeinsamen Tee direkt ins Bett. Wandern ist doch anstrengender als wir vorher gedacht haben. |
Harzer Wandernadel
Wer selbst eine Harzer Wandernadel in Bronze, Silber oder Gold erwandern möchte findet hier alle wichtigen Informationen rund ums Wandern im Harz. |