Wo: Schottland, Islay Wann: Februar 2013 Islay Drei Whiskyfreunde aus Norddeutschland machen sich auf den Weg zum Ursprung des peated Single Malt Whiskys. Nach einer kurzen Fahrt über Amsterdam und quer durch Schottland schiffen wir uns auf der Fähre Kennacraig – Port Ellen ein.Wer mit der Fähre aus Kennacraig auf Islay zukommt und die weißen Lagerhäuser direkt am Wasser mit den prägnanten schwarzen Schriftzügen wie Lagavulin, Ardbeg oder Bowmore für „irgendwelche“ Lagerhäuser hält, sollte sich überlegen, ob er nicht lieber auf der Fähre bleibt und eine andere Insel besucht. Natur und Altertümer gibt es auf anderen schottischen Inseln sicherlich mehr, nur der Inhalt dieser Lagerhäuser ist einzigartig auf der ganzen Welt. Alle, die wissen welche Kostbarkeiten hinter den dicken Feldsteinwänden lagern, betreten hier in Port Ellen den heiligen Boden des uisge beatha. So lautet die gälische Bezeichnung für Whisky.Peated-Single-Malt-Jünger aus aller Welt wissen, hier gibt es ganz spezielle Whiskys, die man sonst nirgendwo findet. Islay ist nicht umsonst eine eigenständige Whiskyregion und wird nicht zu den Islands, Highlands oder sonstigen schottischen Regionen gezählt. Das Besondere der Single Malts von Islay ist ihr rauchiger Geschmack, der vom Darren des Malzes mit dem hier überall vorhandenen Torf (oder peat, wie ihn die Einheimischen nennen) herrührt. Die Stärke des Rauchgeschmacks wird in ppm Phenoleinheiten angegeben und liegt auf Islay meistens zwischen 25 und 55 ppm. Der Geschmack der Islay-Whiskys ist schon einzigartig, man liebt sie oder hasst sie. Für alle, die wirklich noch keinen Islay-Single-Malt gekostet haben, hier etwas für die Vorstellungskraft: Whisky aus der Destillerie von Laphroaig galt in den Zeiten der Prohibition in Amerika als Arzneimittel und war in Apotheken erhältlich. Wenn schon die strengen Augen (und glücklicherweise nicht ganz so streng geschulten Gaumen) der Prohibition hier keinen Genussalkohol erkennen konnten ist klar, dass dieser Whisky einzigartig und nicht für jeden Gaumen eine Freude ist.
Full Scottish Breakfast Unser erster Tag in Bowmore, dem Hauptort der Insel mit knapp 1000 Einwohnern, beginnt mit einem Full Scottish Breakfast. Die Cholesterinverteufler und andere Ernährungsberater haben sich anscheinend noch nicht hierher verirrt. Wie wir jetzt aus Erfahrung wissen, gibt es hier kein normales Frühstück, das weniger als 4 Eier und eine ordentliche Portion Fett enthält. Unsere Hauswirtin Margaret zeigt uns an diesem Morgen, wie so ein ordentliches Frühstück aussieht. Während sie uns den dritten Gang des Frühstücks mit einem melodischen Singsang und ihrem unnachahmlichen schottischen Akzent (hört sich toll an, man versteht aber maximal die Hälfte) serviert, wische ich mir die Schweißperlen von der Stirn und überlege, ob es wirklich so gut war, erst einmal alles, was die Frühstückskarte zu bieten hat, zu bestellen. Ein Blick hinüber zu Margaret macht mir aber schnell klar: hier wird aufgegessen. Am nächsten Tag finden wir heraus, dass ein Verkleinern der Bestellung nur dazu führt, dass die einzelnen Gänge größer werden. Die Kalorien-, Cholesterin- und Fettwerte scheinen Konstanten bei einem Full Scottish Breakfast zu sein. Eine gute Grundlage kann bei unserem Vorhaben aber nicht schaden. Alle acht Destillerien auf Islay in zwei Tagen zu besuchen und das im Winter, wo die Leute hier viel Zeit haben und gerne ein „Dram“ extra ausschenken, ist schon ein sportliches Programm. Ardbeg, Laphroaig und Lagavulin Ardbeg, Laphroaig und Lagavulin sind unsere ersten Ziele. Schon an unserer ersten Station zeigt sich, dass unsere mühevolle Planung vom gestrigen Abend nicht viel Wert ist. Die Zeiten der Führungen auf den Internetseiten stimmen leider nicht wirklich. Das ist aber kein Problem, Biryoni aus dem Shop von Laphroaig ruft einfach bei den anderen Brennereien an und klärt, wie die Reihenfolge am besten für unser Vorhaben ist. Hier auf Islay kennt man sich und Wettbewerb wird nicht ganz so eng gesehen. Wir starten also entgegen unserem Plan bei Ardbeg. Dort wartet Heather unser Tourguide schon mit zwei Norwegern auf uns, um mit dem „Ardbeg Full Range Tour and Tasting“ zu beginnen. Es ist ihre erste Führung, deswegen bekommen wir von ihrer Chefin noch die Aufgabe möglichst viele Fragen zu stellen. Eins ist also auch hier verbreitet, als Führungskraft sorgt man mit allen Mitteln für eine ordentliche Qualifikation seiner Mitarbeiter. Heather hat sich irgendwie trotzdem nicht darüber gefreut, aber dennoch sehr gut geschlagen. Zum Glück haben wir vor dieser nächsten Führung bei Lagavulin 20 Minuten Zeit. Morgens um kurz vor 11 mit 5 Drams zu starten ist auch mit einem Full Scottish Breakfast eine kleine Herausforderung. Bei Lagavulin bläßt uns der Wind so, wie er will über den Parkplatz. Das Wetter ändert sich hier mit beeindruckender Geschwindigkeit. Eben noch ein laues Lüftchen und jetzt müssen wir uns gegen den Sturm stemmen und der Regen ist sofort durch alle Kleidungsstücke gedrungen. Hätte ich nur auf die guten Ratschläge gehört und eine Regenhose mitgenommen. Lagavulin ist schön klassisch. Vorbei am Büro des Managers geht es erst einmal ins Kaminzimmer mit gemütlichen Lederohrensesseln. Kurz verschnaufen, bevor es weitergeht. Die Führung ist diesmal exklusiv für uns drei Nordlichter. Am Ende gibt es wieder einen Dram, diesmal von meinem persönlichen Favoriten dem 16-jährigen Lagavulin. Natürlich müssen wir auch noch den Lieblingsmalt unserer Führerin, die Distillers Edition, probieren. Auch nicht zu verachten. Die zweite Reife im Pedro Ximenez Sherryfass tut dem Lagavulin gut und läßt ihn noch runder werden. Leicht süßlich, keine ausgeprägten Spitzen der Rauchnote mehr. Hier hat sich Master Iain McArthur, seit 42 Jahren der Masterdestiller in Lagavulin, wirklich etwas einfallen lassen. Weiter geht es zu Laphroaig. Als Friend of Laphroaig kann ich mir hier meinen jährlichen Obulus abholen (natürlich einen Dram Laphroaig) und mein Stück Land in Besitz nehmen. Ab in die bereitstehenden Gummistiefel, ein Flagge zum Markieren gegriffen und auf geht’s. Kurz vor dem Überlaufen der Gummistiefel erreichen wir fast die angegebenen GPS-Koordinaten und stecken unser kleines Fähnchen in den großen Teich, der jetzt fast die gesamte Wiese einnimmt. Wir fühlen uns ein wenig wie Neil Armstrong, der gerade mit der US-Flagge den Mond in Besitz genommen hat. Zufrieden machen wir uns auf den Rückweg zum Shop. Dort bekommen wir erst einmal? Natürlich einen Dram Single Malt. Bei jedem Schluck merkt man, warum dieser Whisky früher in der Apotheke verkauft wurde. Sehr schmackhafte Medizin. Jetzt geht’s erst einmal zurück nach Bowmore, um den weiteren Schlachtplan auszuhecken. In unserer Pension angekommen fragt uns John der Wirt, was wir den Tag so gemacht haben. Nach einer kurzen Schilderung bekommt erst einmal jeder einen Dram und wir müssen herausfinden, welcher Malt es ist. Beim zweiten Versuch klappt es, wir sind halt echte Experten. Dafür haben wir uns eine Stärkung verdient. Was liegt da näher als das schottische Nationalgericht Haggis? Die Spezialität ist gewöhnungsbedürftig, man darf nicht zu genau ergründen aus was Haggis gemacht wird. Die Bedienung steht unserer Frage nach der Herstellung auch etwas ratlos gegenüber. Soll sie wirklich vor dem Essen erzählen, was alles in dem lecker aussehenden Haggis-Tower ist? Ein Gast vom Nachbartisch kommt ihr zur Hilfe. „Haggis is awful, all things in it you normally won’t eat.“ Geschmeckt hat es aber trotzdem. Jetzt kann ich es auch verraten Haggis der Magen eines Schafes, der mit Herz, Leber, Lunge, Nierenfett vom Schaf, Zwiebeln und Hafermehl gefüllt wird. Wer keinen Whisky mag, kann sich vielleicht mit Ugly Betty anfreunden. Sie steht in der Bruichladdich-Brennerei und destilliert unter Zusatz von heimischen Kräutern einen hervorragenden Gin. Die nächsten Tage vergehen wie im Flug. Auch wenn das Grundprinzip der Whiskyherstellung immer gleich ist, so hat doch jede Destillerie ihren ganz eigenen Charakter, den man nur vor Ort spüren kann. Als uns die Fähre nach drei viel zu kurzen Tagen wieder in Kennacraig ausspuckt, sind wir um viele Eindrücke reicher und ein großes Stück näher an unser Lieblingsgetränk, den Islay-Single-Malt, gerückt.
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Destillerien
Auf Islay gibt es zurzeit 8 aktive Destillerien: Bekannt für seine rauchigen Whiskys, Standardprodukt ist der Ardbeg Ten, ein unverwechselbarer 10-Jähriger. Jährliche Produktionsmenge: ca. 1,2 Mio Liter Besitzer: Moët Hennessy Louis Vuitton Internet: www.ardbeg.com
Große Auswahl, auch gute Einsteigerwhiskys für zukünftige Peated-Single-Malt-Freunde. Standardprodukt ist der Bowmore 12, ein 12-jähriger und der jüngste Whisky mit eigener Altersangabe. Jährliche Produktionsmenge: ca. 2 Mio Liter Besitzer: Suntory Internet: www.bowmore.com
Sehr innovative Destillerie mit großer Auswahl. Hier gibt es auch den stärksten Whisky der Insel, den Octomore mit 169 ppm peat. Bruichladdich ist neben Kilchoman die einzige Brennerei, die auf der Insel abfüllt. Jährliche Produktionsmenge: ca. 1,6 Mio Liter Besitzer: Rémy Cointreau Internet: www.bruichladdich.com
Die nördlichste Destillerie auf Islay. Hauptprodukt ist der 12-Jährige. Bunnahabhain bietet auch einen Whisky mit 1 ppm an, nicht Islay-typisch aber auch erstaunlich lecker. Jährliche Produktionsmenge: ca. 2,6 Mio Liter Besitzer: CL Financial Internet: www.bunnahabhain.com
Die größte Destillerie auf der Insel. Hier werden hauptsächlich Whiskys für Blends hergestellt, aber auch ein paar Single-Malts abgefüllt. Hauptprodukt ist hier der 12-jährige. Jährliche Produktionsmenge: ca. 6,8 Mio Liter Besitzer: Diageo Internet: www.malts.com/index.php/de_de/Unsere-Whiskies/Caol-Ila
Kilchoman Eine neue Brennerei auf der Insel, die den einzigen 100-%-Islay-Whisky (nur mit Zutaten von der Insel) herstellt. Interessant und Hauptprodukt ist der Machir Bay, ein Mix aus 3 bis 5-jährigen Whiskys. Jährliche Produktionsmenge: ca. 0,4 Mio Liter Besitzer: Anthony Wills Internet: www.kilchomandistillery.com
Lagavulin Hier werden typische Islaywhiskys mit ausreichend Peat hergestellt. Hauptprodukt und mein persönlicher Liebling ist der 16-jährige. Jährliche Produktionsmenge: ca. 2,4 Mio Liter Besitzer: Diageo Internet: www.malts.com/index.php/de_de/Unsere-Whiskies/Lagavulin
Laphroaig Aus dieser Brennerei kommen die Whiskys mit dem typischen Medizingeschmack. Hauptprodukt ist der 10-Jährige. Sehr interessant ist auch der in drei verschiedenen Fässern gereifte „Triple Wood“. Jährliche Produktionsmenge: ca. 2,8 Mio Liter Besitzer: Fortune Brands Internet: www.laphroaig.com |
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