Fuerteventura – der einsame Südwesten

Wo: Fuerteventura
Wann: Oktober 2015

Ein Ausflug in den Südwesten ist ein kleines, aber lohnenswertes Abenteuer. Am Ende von Morro Jable zweigt kurz vor dem Hafen eine unscheinbare Straße nach rechts ab, an der ein Schild auf Punta Jandia hinweist. Ein paar hundert Meter ist die Straße noch geteert, die Kilometer danach sind nur eine Schotterpiste und schlängeln sich entlang der Küste bis zum südlichsten Punkt der Insel, dem Leuchtturm von Punt Jandia. Wer mit dem Mietwagen unterwegs ist, sollte vorher das Kleingedruckte im Auto-Mietvertrag lesen. Bei Schäden, die auf unbefestigten Straßen entstehen, besteht meistens kein Versicherungsschutz. Wir nehmen das Risiko in Kauf und vertrauen unserem kleinen Hyundai. Wir fahren nicht die gesamten 19 Kilometer bis zum Leuchtturm von Punta Jandia, da waren wir schon bei unserem letzten Besuch der Kanareninsel. Außer dem Leuchtturm stehen dort nur ein paar Hütten und Wohnwagen. Nicht so spannend. Nach knappen 15 Kilometern Wellblechpiste weist ein unscheinbares Blechschild auf der linken Seite den Weg in Richtung Punta Salinas. Wir biegen ab in Richtung Strand. Auf dem Strandparkplatz stehen meistens nur eine Handvoll Autos.

Punta Salinas Fuerteventura 2 (c) spinagel.deHier kann man dem Spiel der Wellen mit der schwarzen Lavaküste ungestört zusehen oder an dem sehr kleinen Strand baden.

Punta Salinas Fuerteventura (c) spinagel.deWem der Strand zu steinig ist (was bei höherem Wellengang auch nicht ganz ungefährlich beim Baden ist), sollte einfach um die nächste Landzunge Richtung Punta Jandia gehen. Dort ist eine größere Bucht mit weißem Sand und kaum Steinen. Mit etwas Glück hat man die Bucht für sich allein.

Auf dem Rückweg Richtung Morro Jable biegen wir auf halber Strecke links ab, in Richtung Cofete. Die Schotterstraße schlängelt sich jetzt in Serpentinen entlang des Barranco de Aqua Oveja bis zu einem Pass mit Aussichtspunkt, der einen atemberaubenden Blick über den gesamten Strand von Cofete bietet.

Cofete (c) spinagel.deHier sollte jeder unbedingt anhalten und einen Blick hinab auf die Küste werfen. Wir nutzen unseren Stopp um ein paar Fotos zu machen. Währenddessen kommt uns der Linienbus aus Richtung Cofete entgegen. Da es sich um einen umgebauten Unimog handelt, wird uns klar, dass es jetzt Ernst für unseren Mietwagen wird.

Cofete Unimog Bus (c) spinagel.deDie Straße wird holperiger und schmaler. Ein Blick nach links sagt mir, dass diese Abfahrt nichts für Menschen ist, die nicht schwindelfrei sind. Von der Straße abkommen sollte man auch lieber nicht, es geht teilweise steil diverse hundert Meter nach unten. Wir lassen einen Einheimischen vor und klemmen uns dahinter. Wenn der die Kurve nicht schafft habe ich wenigstens noch 50 Meter zum Bremsen, so der Plan. Die Taktik bringt uns schnell und sicher ans Ziel, dem Strand von Cofete. Das Auto neben dem alten Strandfriedhof abgestellt, dann sind es nur noch gut 300 Meter bis zur Wasserkante.

Cofete feiner Sand (c) spinagel.deWas von oben schon grandios aussah ist hier einfach nur wunderschön. Ein smaragdgrünes Meer wirft sich in Wellen mit lautem Tosen und strahlend weißen Schaumkronen an den goldgelben Strand, der in beide Richtungen im feinen Dunst der Gischt verschwindet. Dieser Strand ist für mich der Schönste der ganzen Insel, einsam, urgewaltig und etwas mysteriös.

Cofete Wellen (c) spinagel.deDas Meer lädt ein sofort hinein zu springen. Durch meine Recherchen bin ich aber etwas vorsichtig damit. An diesem Strand sterben jedes Jahr einige Menschen, die die Kraft der Wellen und den Sog in Richtung Atlantik unterschätzen. Wer in Cofete in den Atlantik springt sollte das nur bei gutem Wetter und den richtigen Gezeitenverhältnissen machen. Bei unserem letzten Besuch am Strand von Cofete haben wir erlebt wie ein Kitesurfer es nur mit letzter Kraft wieder an den rettenden Strand geschafft hat.
Das Spiel mit den Urgewalten der riesigen Wellen ist ein einmaliges, aber anstrengendes Erlebnis. Größere Wellen drücken mich schon mal unter die Wasseroberfläche, da hilft nur kurz Luft anhalten und nachdem einen das Meer wieder ausgespuckt hat, kurz orientieren wo oben und unten ist. Nachdem ich zum dritten Mal ungewollt mit der linken Schulter den sandigen Meeresgrund durchgepflügt habe, habe ich genug mit der Kraft des Meeres gespielt.

Cofete endloser Strand (c) spinagel.deIch lasse mich auf dem feinen Sand von der Sonne trocknen und genieße dabei die unbändige Natur. Unser Rückweg führt uns an der einzigen Bar des Ortes vorbei. Vor der sich, wegen des ständigen Windes unablässig ein Windrad dreht, dass für Energie weit ab vom Stromnetz der restlichen Insel sorgt. Eine kanppe Stunde Holperpiste, dann hat uns die Zivilisation wieder. Beim Abendessen im Hotel lassen wir den Tag Revue passieren. Was für ein außergewöhnlicher Strandtag.
Text: Boris Kohnke, Oktober 2015
Fotos: Boris Kohnke

Cofete
Cofete ist als Ort schon lange aus dem Inselregister verschwunden, aber immer noch leben in dieser besonderen und einsamen Ecke der Insel circa 15 Menschen. Zentraler Punkt des Ortes ist die sehr massiv gebaute Bar. Alle anderen Häuser haben eher den Charakter von besseren Schuppen. Einzig die Villa Winter sticht aus der spärlichen Bebauung heraus. Das Haus mit seinem prägnanten Turm wurde von dem Deutschen Gustav Winter erbaut. Winter hatte den südlichen Teil der Halbinsel Jandia gepachtet und das Haus und ein Flugfeld kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs errichtet. Bis heute ranken sich Geschichten um das inzwischen unbewohnte Haus. Von einem unterirdischen U-Boothafen, der über die verzweigten Keller der Villa Winter erreicht werden kann, bis zu einem Anlaufpunkt für Nazigrößen, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nach Südamerika geflohen sind, reichen die Spekulationen.

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