Oldendorf – Eine Stadt für die Toten?

Wo: Oldendorf
Wann: Oktober 2014

Oldendorfer Totenstatt 2 (c) spinagel.de

Meine Freundin hat einen Interview-Termin in Niedersachsen. Ich nutze die Gelegenheit, um meinem Schreibtisch den Rücken zu kehren und fahre mit. Es geht nach Oldendorf, unweit von Hamburg. Mit dem Auto sind wir in einer guten Stunde dort. Kurz bevor wir unser Ziel erreichen, erspähe ich im Vorbeifahren ein Schild auf dem irgendetwas mit Hünengrab steht. Das kann ich mir in der Zeit, die ich alleine verbringen muss, ja einmal ansehen. Durch die sonnige Heidelandschaft flanieren und ein paar Steine begutachten, hört sich nach einer sehr entspannten Beschäftigung für die nächsten zwei Stunden an. Nachdem ich meine Freundin bei ihrer Interview-Verabredung abgesetzt habe, versuche ich, den Wegweiser zum Hünengrab wiederzufinden. Nach einer Weile gelingt es mir, mit Hilfe einiger Schilder einen kleinen Waldparkplatz zu finden, von dem mich eine große Karte der Umgebung auf den Sagenhaften Hünen-Weg locken will. Vielleicht finde ich hier doch etwas mehr als ein paar Findlinge, die in der Heide verstreut sind.

Oldendorf sagenhafter Hünenweg (c) spinagel.de.jpg

Der QR-Code auf der Karte versorgt mich über die Webseite der Gemeinde Amelinghausen mit ein paar Hintergrundinformationen zu dem Ziel meiner Erkundung. Ich stehe direkt vor der Oldendorfer Totenstatt, einem Begräbnisplatz, der über einen unvorstellbar langen Zeitraum von mehr als 6500 Jahren benutzt wurde. Die deutlich sichtbaren Zeugnisse dieser Nutzung sind die Hünengräber aus der Jungsteinzeit, die knapp 6000 Jahre alt sind. Das größte dieser Bauwerke ist 80 Meter lang, 7,5 Meter breit und besteht aus 5 Jochen. Diese tonnenschweren Steine haben unsere Vorfahren mit einigen statischen Tricks zusammengebaut und das gut 1000 Jahre bevor die Ägypter angefangen haben, Pyramiden zu bauen. Ich bin beeindruckt und mache mich auf den Weg, mir das Ganze mal aus der Nähe anzusehen.

Oldendorfer Totenstatt 3 (c) spinagel.de

Mir fallen neben den drei Grabhügeln sofort die drei Hünengräber ins Auge. Kein Wunder, dass man vor Jahrhunderten noch fest davon überzeugt war, dass Hünen diese Steine zusammengestellt haben mussten. Ich erkunde das Gelände ein wenig und stelle für mich fest, dass diese Art Friedhof mit den riesigen Steinen und den knorrigen, alten Bäumen in der lieblichen Heidelandschaft eine sehr positive Ausstrahlung hat.

Oldendorfer Totenstatt 1 (c) spinagel.de
Die kleine Infohütte informiert mich darüber, dass diese Begräbnisstätte vom Beginn der Jungsteinzeit bis ins 6. Jahrhundert nach Christus genutzt wurde. Unsere Vorfahren haben die Toten auch regelmäßig besucht und sie um Rat und Beistand gebeten. Der Wohnort der Lebenden war nur durch einen kleinen Wald von der Stadt der Toten getrennt.

Oldendorf spinagel.de
Das Wichtigste in diesem Wald war aber die Luhe, ein kleiner, beständig fließender Fluss. Nach dem Glauben der Menschen aus der Jungsteinzeit konnten die Geister der Vorfahren keine fließenden Gewässer überqueren.

Oldendorf Luhe (c) spinagel.de

Nachdem ich ein wenig an der Luhe entlang spaziert bin, gucke ich auf meine Uhr. Höchste Zeit, um wieder aus meinen Tagträumen in dieser märchenhaften Landschaft aufzutauchen und meine Freundin abzuholen.

Text und Fotos: Boris Kohnke

Die Oldendorfer Totenstatt

Wer selbst einmal die faszinierenden Hünengräber besuchen möchte, sollte sich auf den Weg ins niedersächsische Oldendorf machen. Mit der Totenstatt kann man dort ein eindrucksvolles Monument der Megalithkultur besichtigen. Ein Großteil der Funde aus den Gräbern wird im Ärchäologischen Museum von Oldendorf ausgestellt. Die Gemeinde Amelinghausen hat ein Webseite mit vielen Informationen zur Totenstatt und dem Sagenhaften Hünen-Weg.

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